Hier tippt die Ortenau

Montag, 31. Mai 2010

Kleiner Krimi vor großer Reise

Bisher bin ich komplett von irgendwelcher Form der Kriminalität verschont geblieben. Doch Ende Mai hat es mich erswischt. Zusammen mit einem Kumpel war ich zu einem Sportgelände etwas außerhalb von Stellenbosch gefahren. Die Fahrräder hatten wir direkt neben dem Platz vor die große Tribüne gestellt. Ans Abschließen dachten wir nicht. Wir hatten ja nur wenige Meter entfernt unsere Tore aufgebaut. Auf der anderen Seite des Platzes hat ein Rugbyteam trainiert. Auch Rucksäcke und Schlüssel hatten wir, wie alle anderen, dort deponiert. Als ich während des Fußballspiels Richtung Tribüne blickte, war es bereits geschehen. Der Dieb hatte es wohl einzig auf mein Fahrrad abgesehen. Sonst fehlte nämlich nichts. Von der Polizei habe ich nach meiner Anzeige eine Fallnummer erhalten inklusive Kontakt (siehe Foto), unter dem ich mich melden sollte, falls ich das Fahrrad finden sollte.




Er habe sein Fahrrad bei einem Händler wiederentdeckt, erklärte mir ein befreundeter Fußballspieler. Diese minimale Chance wollte ich nutzen. Ich habe mir kurzerhand ein Rad geliehen und habe mich auf den Weg in die Stadt gemacht. Kurz vor meinem Ziel kam mir ein etwa 35 Jahre alter Mann auf einem Fahrrad über die Quere, das mir mehr als nur bekannt vorkam. Ich heftete mich an seine Fersen. 15 Minuten ging die Fahrt kreuz und Quer durch die Stadt, die Polizei hatte ich längst informiert.


Plötzlich blieb der Dieb an einem Bordstein hängen, das hintere Schaltwerk war zerstört. Zwangsläufig musste er anhalten. Ein Freund, den ich vorher ebenfalls angerufen hatte, half dem Mann – vermeintlich – bei der Reparatur. In Wirklichkeit war es seine Aufgabe, den Fahrraddieb bis zum Eintreffen der Polizei hinzuhalten.
Die Rahmennummer meines Rades hatte ich in meinem Handy eingespeichert, was der Polizei als Beweis genügte. Der Dieb wurde abgeführt. Allerdings muss ich nun die Reparaturkosten von zirka 250 Rand – knapp 30 Euro – selber bezahlen.

Dienstag, 25. Mai 2010

Pendeln zwischen Blechhütte und Universität

Kholekile ist 25 Jahre alt und arbeitet als Sicherheitsmann für das Wohnheim Academia, in dem viele internationale Studenten wohnen. Vor ein paar Jahren hat er in einem Kosmetikshop in seiner Heimat im Ostkap Regale eingeräumt. Wegen schlechter Bezahlung hat es ihn ans Westkap verschlagen. Hier lebt er mit seinem jüngeren Bruder und seinem Cousin, die auch beide als Sicherheitsmänner arbeiten. Zu dritt wohnen sie in einem der vielen Blechhütten im Township Kayamandi. Fließend Wasser und Elektrizität gibt es in ihrem zu Hause nicht. Die sanitären Anlagen teilen sie sich mit ihren Nachbarn.

Kholekile hat sein Matric - südafrikanisches Abitur, nach 12 Schuljahren - erfolgreich abgeschlossen und würde gerne studieren, jedoch fehlt ihm dazu das nötige Geld. Hilfe vom Staat hat er leider keine bekommen. Es ist ihm auch nicht gelungen, ein Stipendium zu ergattern.
Nun verdient er sich sein Geld indem er für die Sicherheit der Studenten sorgt. In einem festgelegten Rhythmus, 3 Tage Tagschicht, 3 Tage Nachtschicht und 3 Tage frei, arbeiten er und seine Kollegen am einzigen Tor zu den Academia-Wohnhäußern. Die Schicht dauert 12 Stunden, jeweils von 6 Uhr bis 6 Uhr. Seinen Jahresurlaub, 17 Tage, spart er sich auf, um seine Verwandten am Ostkap zu besuchen.



"Im Kayamandi geht es sehr kriminell zu", sagt Kholekile. Auf seinem 30 minütigem Fußwegen zur Arbeit sei es gerade bei einer Tagesschicht in den frühen Morgenstunden problematisch. Die Stadt ist sehr ruhig und nicht selten komme es zu Überfällen, auch auf Bewohner aus dem Township.

Kholekile ist sehr glücklich darüber, dass die WM in Südafrika stattfindet und stolz, da es ein historisches Ereignis für den afrikanischen Kontinent ist. Die Spiele wird er bei einem Freund in einer kleinen Gruppe anschauen. Geld für das Stadion hat er nicht.

Er schaut sich auch die Clubspiele der südafrikanischen Liga nur im TV an, da er die 20 Rand Eintritt nicht hat.
Kholekile ist zuversichtlich: "Die südafrikanische Mannschaft kann es bis ins Viertelfinale schaffen." Die deutsche Nationalmannschaft kennt er dagegen nicht. Einzig die Brasilianer haben es ihm angetan. Die sieht er am Ende auch ganz oben

Der Ball soll endlich rollen

Bei meiner Unimannschaft hat die Saison mittlerweile richtig begonnen. Wöchentlich wird Fußball gespielt. Oft auch mehr als ein Spiel. Die Info, dass ein Spiel stattfindet bekommen wir meistens erst ein paar Tage vorher. Einen festen Spielplan gibt es nicht. Die Mannschaft besteht zur Hälfte aus Südafrikanern, schwarzen und weißen.

Die andere Hälfte sind Internationals aus Kanada, Zambia, Norwegen, Namibia, Holland und eben ich aus Deutschland. Die Spiele der Studentenliga waren bisher immer auswärts in Kapstadt. Auf der Fahrt geht es immer am riesigen Township Khayelisha vorbei. Auf dem kleinen Grünstreifen, der die Autobahn vom Township trennt, trainieren abends viele Mannschaften aus dem Township. Der meist sehr unebene und sandige „Trainingsplatz” ist sehr schlecht bespielbar und die Tore sind oft nur zwei Pylonen oder Gummireifen. Das macht den fußballverrückten Südafrikanern nicht viel aus. Die Hauptsache ist, dass der Ball rollt. Man sieht oft eine Mannschaft trainieren, wenn man durch die Straßen fährt. Sobald sich eine Grünfläche findet, wird der Ball ausgepackt.

Je näher wir der Stadt kommen, desto seltener sieht man ein solches Training. Ab da hat man nur den prächtigen Tafelberg vor den Augen. Auf dem nagelneuen Kunstrasenplatz der University of Cape Town finden die Spiele statt. Kabinen und Duschen gibt es keine.

Kurz vor dem Spiel stehen wir in der Runde zusammen und es wird „gebetet“: Eins, zwei, drei… Maties.” Das Spiel beginnt. Meistens spielen wir gegen schwarze Teams. Ausnahme ist das Team der englischsprachigen UCT, in dem nur wenige Schwarze antreten. Nach dem Spiel geht es wieder raus aus der Großstadt, vorbei an dem Kapstadter Lichtermeer und den Township, zurück ins kleine Stellenbosch. Unsere bisherige Ausbeute aus fünf Spielen: Drei Siege und zwei Niederlagen schlagen zu Buche.